DOKU.ARTS
Zeughauskino Berlin
10.09.–12.10.2014
dial H-I-S-T-O-R-Y
Worin unterscheiden sich das Beschreiben und das Verändern der Welt? Und was ist der Unterschied zwischen Geschichten und Geschichte, dem Geschichtenerzählen und der Geschichte, die wir live erleben? Wer würde und könnte den Hörer in die Hand nehmen und G-E-S-C-H-I-C-H-T-E wählen? Und warum? Johan Grimonprez’ Essayfilm stellt unbequeme Fragen zur sozialen und politischen Handlungsfähigkeit, zum Imaginären der Massenmedien und zur Manipulation durch die Massenmedien. Er rekapituliert die Geschichte weltweiter Flugzeugentführungen und führt die sich wandelnden Darstellungen dieser Überfälle in den Medien vor Augen – angefangen von den scheinbar romantisch-revolutionären 1960ern bis zu den brutalen und hektischen 1990er Jahren. Grimonprez’ Film wirft so Fragen der gesellschaftlichen Verantwortung, des Handelns und der Handlungsmacht auf: Wer waren diese Entführer, wie wurden ihre Taten in den Medien dargestellt und wie kam es, dass diese Aufsehen erregenden und bestürzenden Darstellungen in den Medien eine Eigendynamik annahmen? Dabei geht Grimonprez’ Film dial H-I-S-T-O-R-Y weit über die üblichen Debatten zu Medien, Manipulation und Gewalt hinaus. dial H-I-S-T-O-R-Y führt ein geradezu unheimliches Wechselspiel vor Augen: wie die Flugzeugentführer die Medien nutzten und ausnutzten, und wie die Medien aus Terroranschlägen und Entführungen Nutzen zogen und Kapital schlugen .
Während die Bildmontagen Wochenschauen, Fernsehberichte, Amateurfilme und andere Arten von gefundenem Material nebeneinander stellen, spannt der Film zugleich einen intertextuellen narrativen Bogen, der Motive und Auszüge aus den Romanen von Don DeLillo – insbesondere aus Mao II und White Noise – mischt oder neu interpretiert. dial H-I-S-T-O-R-Y ist ein optisch eindrucksvoller, emotional aufwühlender und intellektuell anspruchsvoller Film, der nicht zulässt, dass wir uns mit vorgefassten Ideen, Interpretationen, bildlichen oder gedanklichen Klischees zufriedengeben.
Johan Grimonprez
Johan Grimonprez, geboren 1962, ist ein belgischer Multimediakünstler und Kurator. Nach einem Studium an der Royal Academy of Fine Arts in Ghent und der School of Visual Arts in New York nahm er 1993 am freien Studienprogramm des Whitney Museums teil und besuchte wenig später die Jan van Eyck Akademie in Maastricht. Seine Werke und kuratorischen Projekte werden weltweit gezeigt u. a. im Centre Georges Pompidou in Paris, in der Londoner Tate Modern und im Museum of Modern Art in New York. Zu seinen Filmen zählen u. a. Dial H-I-S-T-O-R-Y (1997) und Double Take (2009), die mit zahlreichen Preisen bedacht wurden.